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Gemüse kein Allheilmittel im Kampf gegen die Kilos
Mehr Gemüse allein kann das Übergewicht der Nation aber nicht eindämmen.Die Deutschen essen bei weitem mehr Gemüse als in den letzten Jahren, aber immer noch viel zu viel Fleisch. Auch deshalb haben drei von vier Männern im gesetzten Alter zu viel auf den Rippen. Einen Lichtblick liefern nur die Kleinen. Mehr und mehr Gemüse zu essen schützt offenbar nur bedingt vor überflüssigen Kilos. Das Übergewicht unter Kindern ist zwar leicht zurückgegangen, Senioren dagegen werden tendenziell noch dicker – und das, obwohl jeder Deutsche in den letzten zwölf Jahren im Schnitt gut ein Kilo mehr Gemüse pro Jahr verdrückt hat. Das geht aus dem 12. Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hervor, der in Berlin vorgestellt wurde. Die DGE erstellt den Bericht alle vier Jahre im Auftrag der Bundesregierung.
Die Rate zu dicker Kinder im Vorschulalter sank demnach in allen Bundesländern um bis zu drei Prozent, das Auftreten der gravierenderen Adipositas um bis zu 1,8 Prozent. „Ein positives Signal, aber ob dieser Trend sich bestätigt, muss sich erst noch zeigen“, sagte Ministerin Ilse Aigner der „Bild“-Zeitung. Sie glaubt demzufolge, diesen kleinen Teilsieg auch mit den Aufklärungs- und Kochaktionen des Ministeriums an Kitas und Schulen errungen zu haben.
Deutschlands Senioren am dicksten
Aigner zeigte sich in der Pressemitteilung ihres Ministeriums aber auch besorgt darüber, dass der Anteil übergewichtiger Menschen auf sehr hohem Niveau stagniert: Gerade Senioren haben der Studie zufolge zunehmend mit Übergewicht zu kämpfen. So schleppen rund 74 Prozent der Männer und 63 Prozent der Frauen zwischen 70 und 74 Jahren zu viele Kilos mit sich herum, was auch auf Bewegungsmangel zurück zu führen sei. Insgesamt blieb der Anteil übergewichtiger Erwachsener in den letzten vier Jahren annähernd gleich: Rund 60 Prozent der Männer und 43 Prozent der Frauen in Deutschland sind zu dick.
Dabei scheinen sich die Ernährungsgewohnheiten der Deutschen zum Besseren zu wenden: Der aktuellen Studie nach aß jeder Bundesbürger im laufenden Jahr 25 Kilogramm Gemüse – ein großes Plus von 1,1 Kilogramm im Vergleich zur Vorgänger-Erhebung. Auch zwischen den Jahren 2000 und 2011 stieg der Pro-Kopf-Konsum von Grünzeug schon um durchschnittlich 1,1 Kilogramm pro Jahr an.
Dieser „positive Trend“ dürfte zu einer „besseren Versorgung mit einigen Vitaminen sowie mit sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen beitragen“, bilanziert DGE-Präsident Helmut Heseker. Doch auch der steigende Verzehr von Zwiebelgemüse, Wurzeln, Tomaten sowie Blatt- und Stängelgemüse änderte dem Ernährungsbericht zufolge nichts daran, dass bisher keine Bevölkerungsgruppe die empfohlene Orientierungsmenge von mindestens 400 Gramm Gemüse pro Tag erreicht.
Deutsche essen immer noch viel zu viel Fleisch
Im Jahr 2010 aß jeder Deutsche nach Auskunft des Ministeriums zudem etwa 16 Kilogramm Fisch. Das habe auch die durchschnittliche Versorgung mit gefäßschützenden Omega-3-Fettsäuren, Jod, Vitaminen sowie Mineralstoffen verbessert – und das Übergewicht etwas zurückgedrängt, zumindest bei den Kleinen. Der Obstverbrauch sank nach der aktuellen Erhebung allerdings um 800 Gramm pro Kopf. Wer mehr Obst und Gemüse esse, verzehre gleichzeitig weniger tierische Lebensmittel, schreibt die DGE in ihrer Internetpräsenz. Und weniger Fleisch bedeute auch geringere Mengen an ernährungsphysiologisch ungünstigen gesättigten Fettsäuren.
Gerade im Fall der Männer dürfte dies auf bestimmte Posten auf der Einkaufsliste zurückgehen: Wurst und Fleisch. Nach der Nationalen Verzehrsstudie II des Verbraucherministeriums essen deutsche Männer davon im Schnitt rund ein Kilo pro Woche – das Zwei- bis Dreifache des Richtwertes, der nur zwischen 300 und 600 Gramm Fleisch pro Woche empfiehlt. Auch Frauen liegen dem Zeitungsbericht zufolge über dieser Grenze. Der Verbrauch von Fleisch blieb in den letzten Jahren konstant hoch, Geflügelfleisch verbuchte sogar einen Anstieg um rund 120 Gramm jährlich.
Neben Fleisch macht die DGE vor allem den übermäßigen Konsum von Fett sowie zuckerhaltigen Limonaden und Erfrischungsgetränken bei Kindern dafür verantwortlich, dass Fettleibigkeit (Adipositas), Diabetes, Bluthochdruck sowie tödliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf dem Vormarsch sind.
Wann im Leben sind die Deutschen wie dick?
14.12.2012