ERNÄHRUNGS UMSCHAU

Ernährungsreport 2016: Fleisch und Wurst hoch im Kurs

Welche Ernährungsweise liegt im Trend? Haben die Deutschen Vertrauen in Lebensmittel aus dem eigenen Land? Und wie steht es um die Ernährungsbildung bei Kindern? Auf diese und weitere Fragen liefert der von Bundesernährungsminister Christian Schmidt in Berlin vorgestellte Ernährungsreport 2016 Antworten. Dabei räumt der Bericht auch mit einigen Klischees auf.

Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat im Oktober 2015 im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die repräsentative Befragung von 1000 Bundesbürgerinnen und -bürgern ab 14 Jahren durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen: Die gesunde Ernährung hat für viele Menschen in Deutschland einen wichtigen Stellenwert. Immerhin 44 Prozent der Befragten geben an, sich im Alltag meistens gesund und ausgewogen zu ernähren. Frauen gelingt es laut dem Bericht öfter als Männern, auf gesunde Ernährung zu achten.

Die Deutschen essen besonders gerne Pasta (35 Prozent), gefolgt von Gemüse- und Kartoffelgerichten (18 Prozent) und Fischgerichten (16 Prozent). Unerwartet fällt das Schnitzel mit elf Prozent hinter dem Salat (15 Prozent) zurück.

Im Verzehr von Fleisch und Wurst spiegelt sich dieses Gesundheitsbewusstsein allerdings weniger wider: Vier von fünf Befragten (83 Prozent) essen mehrfach in der Woche Fleisch und Wurst – die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Fisch zwar ein- bis zweimal in der Woche, Fleisch, Wurstwaren sowie Eier dagegen in Maßen zu verzehren. Insbesondere die männlichen Befragten verzichten ungerne auf Tierisches: Männer essen laut dem Bericht mehr als doppelt so häufig (47 Prozent) wie Frauen (22 Prozent) jeden Tag Fleisch und Wurst.


Lebensmitteleinkauf: Regionalität und Qualität wichtig
Mehr als die Hälfte der Befragten (59 Prozent) kaufen laut Bericht fast alle Lebensmittel im Supermarkt ein, gefolgt von Discounter und Fachgeschäft. Auf den Markt und in den Hof- oder Bioladen gehen vor allem ältere Bürger einkaufen. Das Internet als Bezugsquelle für Lebensmittel spielt noch keine nennenswerte Rolle. Auffällig ist, dass die Konsumenten neben gutem Geschmack vor allem auf Regionalität (76 Prozent) und Preis (58 Prozent) Wert legen. Um sich während des Einkaufs über Lebensmittel zu informieren, zückt jeder Fünfte das Smartphone und „googelt".

Die Befragung zeigt auch, dass die Deutschen großes Vertrauen in ihre Lebensmittel haben. Drei Viertel der Befragten schätzen die Bedingungen, unter denen Lebensmittel in Deutschland produziert werden, als gut ein. Gleichzeitig werden Lebensmittel mehrheitlich von 77 Prozent als sicher beurteilt. Fast alle Befragten wären sogar bereit, mehr Geld für mehr Tierwohl zu zahlen. Konkret bedeutet dies 16,50 Euro für ein Kilogramm Fleisch aus verstärkter tiergerechter Haltung. Befragten zwischen 19 und 29 Jahren wäre die Investition mit 20 Euro nochmals mehr wert.

Erstaunlich sind die Angaben im Bereich der Lebensmittelverschwendung: Zwar geben 42 Prozent der Befragten zu, mindestens einmal pro Woche Lebensmittel wegzuwerfen, allerdings geben 58 Prozent der Alleinlebenden und 67 Prozent der Befragten über 60 Jahre an, überhaupt keine Lebensmittel wegzuwerfen. In Haushalten mit vier oder mehr Personen wird dementgegen am meisten weggeworfen (58 Prozent). Am häufigsten landen Brot und Brötchen in der Tonne.


Erziehungssache Ernährung
Die Wertschätzung für Lebensmittel ist bei Kindern und Jugendlichen unterdurchschnittlich ausgeprägt. So geben mehr als zwei Drittel der Schüler an, mindestens einmal wöchentlich Lebensmittel in den Müll zu werfen. In Bezug auf die Erziehung hin zu einer gesunden Ernährung befürwortet die Mehrheit der Deutschen (92 Prozent) eine kindgerechte Aufklärung und verpflichtenden Unterricht in Kindertagesstätten und Schulen.

Einschränkungen in Form von Steuererhöhungen für ungesunde Lebensmittel etwa mit viel Zucker wären für 43 Prozent der Befragten eine Option. Deutlich mehr Menschen (78 Prozent) halten allerdings neutrale Informationen zum Thema Ernährung für sinnvoll.


Bericht räumt mit Klischees auf
Neben dem nachweislich hohen Fleisch- und Wurstverzehr gibt es viele Berichte, wonach immer mehr Menschen gänzlich auf Fleisch verzichten. Die Forsa-Befragung korrigiert diese Annahme insofern, dass lediglich drei Prozent der Befragten angeben, nie Fleisch oder Wurst zu essen.

Auch die Annahme, dass in Singlehaushalten nie oder fast nie gekocht werde, lässt sich nach dem Ernährungsreport nicht bestätigen: In vielen Ein-Personen-Haushalten wird mindestens zwei- bis dreimal pro Woche gekocht (46 Prozent) und ein Drittel der Alleinlebenden kocht sogar jeden Tag. Und das Gerücht, Frauen seien die größeren „Naschkatzen" als Männer, lässt sich ebenfalls nicht halten: Sogar etwas mehr Männer (22 Prozent) als Frauen (21 Prozent) greifen täglich zu Schokolade und Co..

Abschließend lässt sich festhalten, dass der Bericht viele interessante Informationen über das Ernährungs- und Einkaufsverhalten der Deutschen offenbart. Nicht zu unterschätzen ist jedoch die Neigung, sich selbst bei einer derartigen Befragung zum Beispiel gesundheits- oder umweltbewusster einzuschätzen, als dies in Wirklichkeit der Fall ist.

06. Januar 2016

Quelle:
BMEL und Ernährungsreport 2016